Historiografie: JAMES BALDWIN

DER SCHRIFTSTELLER VOR DER KAMERA

James Baldwin (1924–1987) war ein Schriftsteller und Intellektueller, den man nur über seine Texte nicht ausreichend kennenlernen würde. Er war und hatte in einem eminenten Sinn eine Stimme. Das gesprochene Wort war für ihn ein gleichrangiges Medium zu den Büchern. Er verkörperte das, wofür er sich als „Zeuge“ sah: das Schicksal des Schwarzen Amerika. Wegen des stark performativen Charakters seines Auftretens sind die vielen gefilmten Dokumente, die es von ihm gibt, von so großer Bedeutung. Sie zeigen eine Evolution auch in seinem Denken, in seiner fundamentalen Kritik an dem imperialen Amerika, das er als das zentrale Unrechtssystem seiner Epoche sah, und zu dem er immer wieder auch räumlich auf Distanz ging. In Europa fand er eine gewisse Sicherheit, während er sich in dem Land, in dem drei seiner persönlichen Freunde (Medgar Evers, Malcolm X und Martin Luther King) ermordet worden waren, bedroht sah. Mit jedem Detail aus den Archiven nimmt James Baldwin deutlicher Gestalt für eine Gegenwart an, für die er mehr und mehr zu einer Leitfigur geworden ist.

In Anwesenheit von Kathy Pakay.